Umweltministerin Schulze unterläuft EuGH-Atomurteil

Trotz Urteils deutsche Brennelemente für AKW Doel 1 und 2

Das Bundesumweltministerium unterläuft mit einer Serie von neuen Brennelemente-Transporten von der deutschen Brennelementefabrik Lingen zu den belgischen Atomkraftwerken Doel 1 und 2 die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). . . . . .

Nach Recherchen mehrerer Anti-Atomkraft-Initiativen sowie des Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW verließen noch im Juli sechs Brennelement-Transporte die emsländische Atomfabrik – der letzte davon am Sonntag, 28. Juli, nur einen einzigen Tag vor Verkündung des wegweisenden EuGH-Urteils zu Doel 1 und 2.

Die vom Bundesumweltministerium (BMU) in Zusammenarbeit mit den untergeordneten Bundesämtern für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) erteilten Exportgenehmigungen für 60 Brennelemente ermöglichen den Weiterbetrieb der beiden höchst umstrittenen belgischen AKWs für ca. zwei Jahre.

Am 29. Juli urteilte der EuGH, dass die 2015 erteilte Laufzeitverlängerung für Doel 1 und 2 gegen europäisches Recht verstößt, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlt. Am selben Tag rühmte sich das BMU in einer Stellungnahme, dass man „aktiv“ an dem Verfahren mitgewirkt habe. Von den zeitgleichen Brennelementexporten aus Lingen war in der Stellungnahme jedoch nichts zu lesen.

„Die jetzigen Informationen legen den Verdacht nahe, dass die sechs Brennelementtransporte von Lingen nach Doel im Juli mit großer Eile abgewickelt wurden, um noch bis zur Urteilsverkündung Tatsachen zu schaffen. Warum sollten sonst ausgerechnet an einem Sonntag, nur einen Tag vor der Urteilsverkündung, die letzten Brennelemente Lingen verlassen haben? Warum hat das Bundesumweltministerium dies alles durchgewunken? Und warum beteiligt sich das BMU an einem Gerichtsverfahren, das aus dem eigenen Haus unterlaufen wird?“ fragte Alexander Vent vom Lingener Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland.

Briefe an Ministerin Schulze und Bundesbehörden: „Exportstopp jetzt“

In drei Briefen an Bundesumweltministerin Svenja Schulze, an den Präsidenten des BAFA, Torsten Safarik, sowie an den Präsidenten des BfE, Wolfram König, fordern die Anti-Atomkraft-Initiativen, der BBU sowie IPPNW einen sofortigen Exportstopp für Brennelemente aus Lingen und angereichertes Uran aus Gronau für die beiden belgischen Reaktoren sowie für alle Reaktoren, die in einer ähnlichen juristischen Lage sind. Zudem verlangen sie Auskunft über weitere geplante Exporte von Kernbrennstoffen von Lingen und Gronau nach Belgien.

„Es wäre eine politisch und juristisch sehr unangenehme Situation, wenn sich ausgerechnet ein deutsches Bundesministerium und deutsche Behörden über ein EuGH-Urteil hinwegsetzen würden – an dessen Zustandekommen sie selbst mitgewirkt haben – und somit ein rechtsfreier Raum entstünde, der gegen EU-Recht den Weiterbetrieb von gefährlichen Atomkraftwerken ermöglicht. Die europäische Rechtsprechung muss umgesetzt werden,“ erklärte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

Bereits 2017 hatte ein Rechtsgutachten für das BMU bestätigt, dass ein Exportstopp für angereichertes Uran und Brennelemente rechtlich problemlos möglich ist. Daraufhin war im Koalitionsvertrag eine „Prüfung“ vereinbart worden. Positive Ergebnisse liegen dazu bis heute nicht vor.
Der SPIEGEL berichtet aktuell, dass es noch eine Reihe weiterer europäischer AKWs ohne Umweltverträglichkeitsprüfung gibt. Konsequenzen für die beiden deutschen Uranfabriken in Lingen und Gronau wurden nicht aufgeführt.
(PM)
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