Bundestag und Bundesrat blockieren Nationales Begleitgremium (NBG) zur Suche eines Atommüll-Lagers

• NBG-Neuberufung erneut gescheitert
• Politische Machtkämpfe bestimmen Standortsuche

Bundestag und Bundesrat sind zum wiederholten Male mit dem Versuch gescheitert, neue Mitglieder für das „Nationale Begleitgremium (NBG)“ zur Standortsuche für ein tiefengeologisches Atommüll-Lager zu berufen.
Die Amtszeit der berufenen Mitglieder des NBG endete im November 2019. Sie wurden von der Bundesumweltministerin gebeten, ihre Aufgabe noch drei Monate länger bis Ende Februar wahrzunehmen, da sich Bundestag und Bundesrat nicht auf ihre Nachfolge einigen konnten. Doch auch bis Februar ist keine Verständigung gelungen. Die entsprechende Bundesrats-Sitzung verlief ergebnislos. Die Zukunft des Gremiums ist ungewiss.
Nicht nur aktuell gibt es Probleme mit der Nominierung von NBG-Mitgliedern. Schon die für Mai 2018 geplante Aufstockung des Gremiums auf seine gesetzlich vorgesehene Größe von 18 Personen ist gescheitert und bis heute nicht nachgeholt worden.

Dazu erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

„Das Nationale Begleitgremium wird immer wieder gerne öffentlich vorgezeigt, um zu suggerieren, es gäbe mehr Kontrolle und Beteiligung im neuen Suchverfahren für ein Atommüll-Lager. Doch das NBG wird von der Politik nicht ernstgenommen und die Arbeit seiner Mitglieder nicht wertgeschätzt. Das zeigt sich nicht nur im mehrmals gescheiterten Berufungsverfahren, sondern auch darin, dass Empfehlungen des Gremiums von Bundestag und Atommüll-Bundesamt nicht aufgegriffen werden. Das NBG ist längst zu einem wirkungslosen Papiertiger geworden. Es wird lediglich dazu benutzt, dem schlechten Suchverfahren ein partizipatives Image zu verpassen.

Das nun schon mehrmals gescheiterte Berufungsverfahren zeigt auch, dass im Hintergrund harte politische Machtkämpfe um die Standortsuche laufen. Den vielbeschworenen Konsens gibt es nicht. Auch stehen keine wissenschaftlichen Erwägungen an erster Stelle, sondern politische Einflussnahmen bestimmen von Anfang an das Suchverfahren.“

Hintergrund:

Im Standortauswahlgesetz (StandAG, Paragraph 8) ist geregelt, dass zwölf Mitglieder des NBG vom Bundesrat und Bundestag für jeweils drei Jahre berufen werden. In der Praxis sollen der Bundestag und die Länderkammer alternierend alle 18 Monate sechs NBG-Mitglieder auswählen und das jeweils andere Gremium dem nur noch zustimmen. Das hat im Herbst 2016, bei der Berufung der erste sechs NBG-Mitgliedern durch den Bundestag auch geklappt: der Bundesrat hat zugestimmt. Als sich aber die Ministerpräsident*innen der Länder im Frühjahr 2018 auf die nächsten sechs Personen verständigt hatten, gab es aus dem Bundestag Gegenwind.

Der Grund: Im StandAG ist geregelt, dass Mitglieder des NBG „keine wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die Standortauswahl oder die Endlagerung im weitesten Sinne haben“ dürfen (Paragraph 8, Absatz 3). Trotzdem versucht das Land Sachsen über den Bundesrat den Bergbauingenieur Wolfram Kudla, Professor für Erdbau und Spezialtiefbau an der TU Bergakademie Freiberg, in das Gremium zu berufen. Kudla ist Inhaber von Patenten zur Abdichtung von Salz-Bergwerken für Atommüll-Lagerung und hat damit zwangsläufig ein wirtschaftliches Interesse. Außerdem hat sich Kudla als Mitglied der Atommüll-Kommission, die von 2014 bis 2016 tagte, schon zwei Wochen nach Präsentation deren Abschlussberichts kritisch zu den dort festgelegten Auswahlkriterien geäußert, obwohl er ihnen bei der Schlussabstimmung noch zugestimmt hatte. Kudla gilt als Anhänger der Atommüll-Lagerung im Salz und kritisiert die Suche nach Lagerstätten im Granit, wie er in Sachsen vorkommt.

Da nun aber die anderen Bundesländer den sächsischen Vorschlag schon angenommen hatten und sie sich nicht so gerne vom Bundestag reinreden lassen wollten, geriet das Berufungsverfahren ins Stocken, so dass nun seit bald zwei Jahren keine Entscheidung gefallen ist.

Inzwischen geht es nicht mehr nur um die Ergänzung des NBG auf seine gesetzlich vorgesehene Größe, sondern auch um die Nachfolge der sechs 2016 berufenen Mitglieder des Gremiums, deren Amtszeit im November 2019 ausgelaufen ist und nun – abweichend vom Gesetz – bis Ende Februar verlängert wurde. Bundesrat und Bundestag sind nun also bei der Benennung von insgesamt zwölf Mitgliedern des NBG in Verzug.

Die anderen sechs Mitglieder des Nationalen Begleitgremiums sind sogenannte Zufallsbürger*innen, die in einem Losverfahren ermittelt wurden.
(PM)
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